Punks not dead? Die schon!

A-262795-1442765482-4193.jpeg„Punks not dead“ war der Titel eines Albums von „Exploited“, einer Punkband der allerersten Stunde. Und ist bis heute ein Schlachtruf der Szene. Aber ist der Punk wirklich nicht tot zu kriegen? Oder hat er mittlerweile außer seinem Äußeren (Gammelklamotten, Iro-Frisur, Alk) nichts mehr von seiner ursprünglichen Intention? Ich habe zumindest Zweifel.

Und den haben mir die „Toten Hosen“ gebracht. Die Band wurde 1982 gegründet, genau in dem Jahr, indem auch „Punks not dead“ erschien. Eine Zeit, in der Punk vor allem für eines stand: eine radikale Ablehnung des Establishments, eine radikale Ablehnung der Bürgerlichkeit, eine fundamentale Opposition zu allem, was irgendwie nach Mainstream oder gar Regierung roch.

Es war hart, Punk zu sein. Im Westen wurde die Subkultur mit schiefem Blick beäugt, im Osten wurden Punks von der Polizei von der Straße gesammelt und mit fadenscheinigen Begründungen festgesetzt. Also eine Subkultur, der anzugehören es einigen Mutes bedurfte.

Logo_Die_Toten_Hosen.svgJetzt also spielten die „Toten Hosen“, die sich ja selbst immer noch als Punkband betrachten, auf einer Anti-Pegida-Veranstaltung in Dresden.

http://www.bild.de/regional/dresden/die-toten-hosen/die-toten-hosen-bei-anti-pegida-demo-in-dresden-51033704.bild.html

Ja, und da frage ich mich doch, was ist vom ursprünglichen Punk geblieben? Ablehnung des Establishments? Fehlanzeige, mit diesem Auftritt lag die Band genau in der vorgegebenen Linie. Ablehnung der Bürgerlichkeit? Kaum, denn erstens sind die Bandmitglieder mittlerweile allesamt gutbürgerlich finanziell versorgt, und zweitens war dies eine Veranstaltung, die ganz explizit das „Bürgertum“ zum Protest gegen die Pegidianer aufrief. Fundamentale Opposition gegen die Regierung? Mitnichten, sondern ganz auf deren Linie. Oder wenigstens gegen den Mainstream? Vergessen wir das, die Mugge, die vor wenigen hundert Demonstranten stattfand, wurde von den Mainstreammedien bejubelt wie ein achtes Weltwunder.

Und Mut? Nein, dessen bedarf es nicht. Wer gegen Pegida antritt, braucht keinen Mut, er wird garantiert medial und in der Öffentlichkeit gepampert, was das Zeug hält. Mut braucht dagegen, wer bei Pegida mitläuft.

Was bleibt? Eine einstmals nette Band, die immerhin ein paar deutsche Punk-Klassiker geschaffen hat. Und die heute, als Abklatsch ihrer selbst, Regierungsarbeit betreibt. Von einem echten Punk sollte es dafür die Bierpulle an den Kopp geben. Punks, leider, doch tot.

Sie können es nicht lassen

Wenn lügen nicht mehr geht, tut’s auch eine Halbwahrheit

Eigentlich ist es eine Kleinigkeit, welche die “Sächsische Zeitung” hier zu vermelden hatte. Eine “Flüchtlings”familie aus Afghanistan wurde zwangsgeräumt, weil sie einen ordentlichen Aufenthaltstitel bekommen hatte und somit eine eigene Bleibe suchen musste.

Der Text ist dennoch ein Musterbeispiel für bewusste Irreführung und Meinungsmache. Gehen wir mal im Einzelnen durch.

Die Überschrift lautet “Plötzlich auf der Straße”. “Plötzlich” – das suggeriert: von heute auf morgen, ohne Vorankündigung, mit einer Schrecksekunde. Aber mitnichten: ein gutes Stück weiter hinten im Text erfahren wir dann, dass die Familie seit mindestens drei Monaten wusste, dass sie sich eine neue Bleibe suchen muss. Und das sie einfach ihren Hintern nicht gerührt hat, getreu dem Motto, dass schon irgend so ein teutonischer Ungläubiger weiterhelfen werde. Was ja mit dem DRK dann auch prompt passiert ist.

Die Unterzeile lautet: “Der Landkreis Görlitz lässt in Reichenbach die Wohnung einer Flüchtlingsfamilie räumen. Das halten viele für unangemessen.” Viele – was sind viele? Sieben, zehn, oder hundert? Im Text erfahren  wir von namentlich genau zwei Personen, die die Räumung für unangemessen halten. Zwei sind also viele. Ob es nicht auch mindestens zwei gab, welche die Räumung für angemessen hielten? Und warum steht da also nicht “Viele halten das für gut”?

Und weiter heißt es im Text: “Das [die Zwangsräumung] bewegt Anwohner in Reichenbach noch Tage nach dem Geschehen. Denn die Familie war sehr beliebt und hatte sich gut in der Kleinstadt eingelebt.”  Einen Beleg für diese Aussage bleibt die Autorin schuldig. Keine Nachbarn, welche die Beliebtheit der Familie mal unterstützen würden? Keine Vereine, die sich über neue Mitstreiter freuen? Nichts dergleichen. Nur eine Behauptung: “sehr beliebt”. Und: “es bewegt die Reichenbacher.” So etwas in einem Text zu behaupten, ist leicht, denn das Gegenteil lässt sich kaum nachweisen.

Schließlich Details zum nicht freiwilligen Umzug: “Den Weg dahin mussten die Eltern selbst organisieren. Sie nahmen von Reichenbach aus ein Taxi.” Oh wie schrecklich. Ja, liebe Afghanen, ja, liebe Gutmenschen: manchmal muss man doch tatsächlich selbst einen Weg organisieren. Fraglich, wer das Taxi am Ende bezahlt hat. Aber ich habe da so einen Verdacht….

Alles in allem also ein Text voller subtiler Meinungsmache. Und, ohne Hoffnung auf Antwort eine Frage an die Redaktion der SZ: hätten sie so einen Text auch verfasst, wenn eine deutsche Familie zwangsgeräumt worden wäre?

Das Buhei um Deniz Yücel

Kaum ein Tag vergeht, an dem wir derzeit nicht in quasi Echtzeit über den in der Türkei verhafteten Journalisten Deniz Yücel informiert werden. Quer durch alle Parteien und Medien wird lautstark dessen Freilassung gefordert. Spiegel-Online vergisst sogar mal sein tägliches “Trump-Bashing” und berichtet statt dessen über einen Zettel, mit dem sich Herr Yücel aus der Untersuchungshaft gemeldet hat.

Deniz Yücel  Screenshot Spiegel-Online

Wir werden das Gefühl nicht los, hier handele es sich um einen unerschrockenen Kämpfer für die Wahrheit, der in die Mühlen eines profaschistischen Systems gekommen ist. Und tatsächlich ist die Freiheit der Meinung in der Türkei ja leider keine Selbstverständlichkeit.

“An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!” heißt es schon bei Johannes in der Bibel, und so wollen wir uns mal die Taten, sprich die Texte, des Herr Yücel ansehen.

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